Zur Schwammer-Übersicht

02.08.2015: Ein genialer Tag mit über 1000 Bildern - Teil 2

Hallo Pilzfreunde,
dieser Bericht ist der zweite Teil und gleichzeitig der Hauptteil eines Tages, den wir wegen der Menge in 2 Teile aufgeteilt haben.
Teil 1 findet Ihr hier.

Ich und Matthias freuen uns dass wir Euch diese Tour präsentieren können.
Für mich war es ein Highlight dieses Jahres - ganz klar - wie immer, wenn ich mit Matthias los ziehe.
Wir haben uns für diesen Bericht mal was Besonderes überlegt: Wir schreiben ihn zusammen.
Meine Texte sind schwarz, Matthias' Texte sind grün. ;-)
Meine Bilder sind mit einem schwarzen
, Matthias' Bilder sind mit einem grünengekennzeichnet.
Here we go...

Matthias und ich planten zuerst einen Magerrasen zu besuchen. Aufgrund der Trockenheit schwenkten wir aber um auf ein Sumpfgebiet.
Aus unserer langen Zielgebiete-Liste wählten wir einen sehr großen Sumpf gleich um die Ecke aus.

Das Gebiet, in das mich Dieter brachte, war mir bislang unbekannt. Ich hatte mit einigem gerechnet, aber was ich gesehen habe übertraf dann alle meine Erwartungen. Nicht nur, dass es Massen an Sumpfhäublingen und Sumpfgraublättern gab, sondern auch das Gebiet an sich war die Tour schon wert. Solche Wälder ohne Harvester-Erntespuren, mit unberührten Sumpfstellen und auch viel stehendem Totholz sieht man sonst sehr selten. Alleine die Umgebung wäre schon einen eigenen Bericht wert. Und dabei haben wir wieder nur einen Teil des Gebiets gesehen, in eins der gleich mehreren nahen NSG waren wir gar nicht mehr gekommen. Für  die Zukunft also noch viel zu erkunden.

Es begann mit einem für mich (fast) neuen Pilz. Ich kenne diese "Kügelchen" - wusste sie aber bislang nicht zu benennen.
Matthias erklärte mir die
Gemeine Preiselbeer-Nacktbasidie (Exobasidium vaccinii):


Zwar habe ich schon sehr viele Sumpf-Graublätter (Tephrocybe palustris) gesehen, aber noch nie so viele auf einmal und an so vielen Stellen.
In dem Gebiet müssen hunderte davon stehen
:












Mich begeisterten die vielen verschiedenen Erscheinungsformen des Sumpf-Graublatts:




Weißflockiger Sumpf-Häubling (Galerina paludosa) und Sumpf-Graublatt (Tephrocybe palustris): traten auch gerne zusammenauf:

Weißflockiger Sumpf-Häubling (Galerina paludosa)
Auch von dieser Art ist das die bislang ergiebigste Stelle, die ich bei uns kenne.




Die Schönheit des Gebietes und solcher Funde kann man kaum in Bilder packen:


Für mich neu war dieser kleine Freund. Matthias wusste ihn sofort zu benennen:
Moor-Nabelrötling (Entoloma rhodocylix)
:



Einige nicht näher bestimmte Moorhäublinge (Galerina spec.) waren natürlich auch vertreten:

In einigen Quellen wohl als selten beschrieben - bei uns aber recht häufig ist der
Wildschweinlosung-Faserling (Psathyrella tenuicula)
:




Täublinge gab es natürlich auch. Hier der erste:

Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, im Moos im Fichten- und Kieferwald - sumpfartiges Gelände.
Fundzeit: 02.08.2015
Wuchsform: einzeln
Hutform:
halbkugelig
Huthaut-Konsitenz: leicht klebrig
Huthaut-Farbe: Zentrum oliv, nach außen purpur werdend
Huthaut-Abziehbarkeit:
2/3 abziehbar
Fleischfarbe unter Huthaut
: rosa
Hut-Fraßstellen-Rand-Verfärbung: rosa
Hutrand: nicht gerieft, auffällig ist dass die Huthaut über die Lamellen geklappt ist und dort schweinchen-rosa ist
Lamellen: cremefarben, deutliche Queradern, mit Y-Gabeln, nach längerer Zeit (Stunden) stark schwärzend
Lamellensprödigkeit: schwer zu sagen. Ich würde sagen mittlere Brüchigkeit.
Lamellen-Stielübergang:
frei
Fleisch:
weiß, zuerst nicht verfärbend, dann schwärzend, sehr fest, stiel ist sehr hart
Verfärbungen auf Druck: keine (weder innen noch außen), später in den Lamellen stark schwärzend und am Stiel etwas schwärzend
Stiel: weiß nach längerer Zeit (Stunden) etwas schwärzend, rosa überhaucht, leicht keulig, sehr fest, innen vollfleischig weiß, Madengänge braun
Stielbasis: normal rund
Größe: Hutdurchmesser 7 cm; Stiellänge 6 cm, Stieldurchmesser ca. 15 mm
Sporenpulverfarbe: es kam nichts heraus
Geruch: neutral
Geschmack: leicht scharf

Hier ganz klar - der Weinrote Graustiel-Täubling (Russula vinosa):
Hinweise dazu: der rosa überhauchte Stiel ist in der Literatur oft nicht genannt. Er kann es aber.
Die rosa, sogar manchmal roten Lamellenschneiden am Rand sind ebenso in der Literatur selten zu finden.






Solche Winzlinge begeistern mich immer sehr, auch wenn ich sie nicht bestimmen kann.
Das bräunliche ist ein unreifer Becherling und die kleinen weißen sind nicht näher bestimmte Mollisia spec:


Halbkugeliger Borstenbecherling (Humaria hemisphaerica)
Die Art hatte einen ziemlich coolen Standort. Die Becherlinge wuchsen an Erde zwischen den Wurzeln eines umgefallenen Baumes:

Auch für mich waren diese neu und als Becherling-Fan war ich natürlich hin und weg...
Diese sind so ca. 1-4 mm groß:




Auch heute wieder mit dabei: Der Kreuzsporige Rötling (Entoloma conferendum):


Dann einer meiner Favoriten des Tages.
Diese wäre mir wegen der vielen Pilze die da standen durch die Lappen gegangen.
Ich dachte ein Moorhäubling - doch Matthias meinte "moment mal"
Das ist was anderes.
Der
Sumpfschwefelkopf (Hypholoma elongatum).
Schaut euch diesen tollen Pilz mal genau an:



Wir hatten mit den Funden schon einiges zu tun, weil es einfach eine Menge war.
Doch dann trauten wir unseren Augen kaum.
Bitte seht selbst - Pilze wirklich überall - in einer unglaublich schönen unberührten Umgebung:








Grünschneidiger Helmling (Mycena viridimarginata):
Diese Art hat sich für unsere Foto-Sessions besonders herausgeputzt und war an mehreren Stellen in voller Pracht zu bewundern.












Dieses Bild ist eines meiner Lieblings-Aufnahmen, von einem meiner Lieblingspilze - ganz klar:



Der nächste war wieder ein Täubling.

Makrodaten:

Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, im Moos im Fichten- und Kieferwald - sumpfartiges Gelände.
Fundzeit: 02.08.2015
Wuchsform: einzeln
Hutform:
flach, mit Delle in der Mitte
Huthaut-Konsitenz: glatt, glänzend
Huthaut-Farbe: rot, etwas rosa ausbleichend
Huthaut-Abziehbarkeit:
1/2 abziehbar
Fleischfarbe unter Huthaut
: weiß
Hut-Fraßstellen-Rand-Verfärbung: keine
Hutrand: gerieft
Lamellen: weiß, mit Queradern, mit Y-Gabeln
Lamellensprödigkeit: schwer zu sagen. Ich würde sagen mittlere Brüchigkeit.
Lamellen-Stielübergang:
gerade angewachsen
Fleisch:
weich, zerbrechlich, feucht und saftig
Verfärbungen auf Druck: keine (weder innen noch außen)
Stiel: weich, lässt sich zusammendrücken, innen voll aber weich, starke Längsrillen
Stielbasis: normal rund
Größe: Hutdurchmesser 6 cm; Stiellänge 6 cm, Stieldurchmesser ca. 15 mm
Sporenpulverfarbe: es kam nichts heraus
Geruch: leicht fruchtig, kein Kokosgeruch
Geschmack: sehr scharf

Mikrodaten:

Sporen:
(7.9) 8 - 9.3 (10.1) x (6.7) 7 - 7.6 (8.2) µm
Q = (1.1) 1.11 - 1.26 (1.3) ; N = 24
Me = 8.7 x 7.3 µm ; Qe = 1.2

Warzenhöhe:
(0.6) 0.7 - 0.9 (1) µm
N = 18
Me = 0.8 µm

Ornament:
isoliert oder mit wenigen Verbindungen
--> das ist Typ B2 nach Woo

Basidien:
36.8 - 44 x 10.7 - 12.1 µm
Q = 3.2 - 3.9 ; N = 6

Me = 39.7 x 11.4 µm ; Qe = 3.5

Sterigmen:
6.3 - 11.18 µm
N = 5
Me = 8.7 µm

Pileozystiden:
Sehr viele Pileozystiden, keulig, septiert 1-3-fach, keine Inkrustationen
44.6 - 70.8 x 6.3 - 7.8 µm
Q = 6.4 - 10.2 ; N = 7
Me = 60.3 x 7 µm ; Qe = 8.7

Epikutis-Hyphen:
(1.3) 1.7 - 3.5 (3.9) µm
N = 12
Me = 2.5 µm

Endhyphen:
rund, ebenso
2.5 µm

Cheilos und Pleuros:
mit Fortsatz

42.4 - 58.2 x 9 - 11.3 µm
Q = 3.8 - 6.7 ; N = 8
Me = 50 x 9.8 µm ; Qe = 5.2

Und das ist der Wässrige Moor-Täubling (Russula aquosa):




Und noch ein Täubling - und zwar ein wunderschöner.

Fundort:
ca. 550 müNN. ca. N50, O12, im Moos im Fichten- und Kieferwald - sumpfartiges Gelände.
Fundzeit:
02.08.2015
Wuchsform:
jeweils einzeln
Hutform:

halbkugelig bis dreiviertel-Kugel
Huthaut-Konsitenz:
nass klebrig, trocken glänzend und aussehend wie ein roter Apfel
Huthaut-Farbe:
rot, mit einigen gelblich-roten Stellen, Hutrand heller gelblich, Zentrum auch orange
Huthaut-Abziehbarkeit:

1/2 bis 2/3 abziehbar
Fleischfarbe unter Huthaut
:
rötlich/rosa
Hut-Fraßstellen-Rand-Verfärbung:
rosa wenn man genau hin sieht
Hutrand:
nicht gerieft bis minimal gerieft, sonst normal
Lamellen:
weiß bis crameweiß, Gabelungen: zu jung um zu erkennen
Lamellensprödigkeit:
zu jung um Aussage treffen zu können
Lamellen-Stielübergang:

frei(?) --> siehe Bild
Fleisch (Stiel):

weiß, jung: sehr hart, fest, alt: wattig ausgestopft
Verfärbungen auf Druck:
keine (weder innen noch außen)
Stiel:
weiß, keine Verfärbung, leicht keulig, jung: fest, alt: zusammendrückbar.
Stielbasis:
normal rund
Größe:
Hutdurchmesser 2-4 cm; Stiellänge 4-6 cm, Stieldurchmesser ca. 15 mm
Sporenpulverfarbe:
es kam nichts heraus
Geruch:
neutral
Geschmack:
leicht scharf

Und das ist - ganz klar - der Apfel-Täubling (Russula paludosa):
Die Verwechslungspartner, also Russula velenovskyi, Russula cruentata und Russula vinosa können es nicht sein wegen dem Standort und dem absolut nicht-grauenden Elementen.
















Das junge Exemplar:

Auch hier standen wunderschöne Exemplare vom
Torfmoos-Milchling (Lactarius sphagneti)
:


Und Schleimpilze gab es natürlich auch - hier die reifen Fruchtkörper vom
Nickenden Kelchstäubling (Arcyria obvelata)
:



Der nächste Täubling:

Makrodaten:

Fundort: ca. 550 müNN. ca. N50, O12, direkt an einer Bachböschung wachsend im Fichten- und Kieferwald.
Fundzeit: 02.08.2015
Wuchsform: einzeln
Hutform:
flach, mit Delle in der Mitte
Huthaut-Konsitenz: glatt, glänzend, wachsartig
Huthaut-Farbe: Zentrum dunkelrot, außen rot
Huthaut-Abziehbarkeit:
1/2 abziehbar
Fleischfarbe unter Huthaut
: rötlich
Hut-Fraßstellen-Rand-Verfärbung: keine vorhanden
Hutrand: gerieft
Lamellen: weiß, mit Queradern, mit Y-Gabeln
Lamellensprödigkeit: brüchig
Lamellen-Stielübergang:
weit frei
Fleisch:
weich, sehr zerbrechlich, feucht und saftig
Verfärbungen auf Druck: keine (weder innen noch außen)
Stiel: cremefarben, wachsartig, weich, lässt sich zusammendrücken, innen wattig ausgestopft, starke Längsrillen
Stielbasis: normal rund
Größe: Hutdurchmesser 6 cm; Stiellänge 6 cm, Stieldurchmesser ca. 15 mm
Sporenpulverfarbe: es kam nichts heraus
Geruch: neutral (zerrieben und unzerrieben), kein Kokosgeruch
Geschmack: scharf

Mikrodaten:

Sporen:
(7) 7.2 - 7.8 (7.9) x (5.6) 5.7 - 6.4 (6.6) µm
Q = (1.1) 1.2 - 1.3 (1.4) ; N = 10
Me = 7.5 x 6 µm ; Qe = 1.2

Warzenhöhe:
(0.3) 0.5 - 0.67 (0.7) µm
N = 22
Me = 0.6 µm

Ornament:
isoliert oder mit wenigen Verbindungen
--> das ist Typ B2 nach Woo

Cheilos und Pleuros:
mit Fortsatz
33.8 - 47.3 x 5.83 - 7.7 µm
Q = 5.72 - 8 ; N = 4
Me = 40.7 x 6.5 µm ; Qe = 6.3

Epikutis-Hyphen:
(1.7) 1.8 - 2.5 (2.8) µm
N = 11
Me =
2.1 µm

Endhyphen:
rund, ebenso 2.1 µm

Pileozystiden:
keulig, septiert 1-3-fach, keine Inkrustationen
52.55 - 73.89 x 6.8 - 8 µm
Q = 7.8 - 9.28 ; N = 4
Me = 62 x 7.5 µm ; Qe = 8.3

Nein, das nächste Bild ist nicht verdreht ;-))
An einer Böschung eines kleinen Bachlaufes war dieser optische Leckerbissen zu funden.
Und das ist ebenso der Wässrige Moor-Täubling (Russula aquosa):





Wir folgten den Bachlauf weiter... solche schönen Abschnitte gab es überall:


Ja logisch. Der Perlpilz (Amanita rubescens) darf nicht fehlen (LEEEEEECKER! denkt sich da der Dieter wieder ;-)

Die nächsten - wieder wunderbare Pilze - ich liebe diesen Geruch (Maggie).
Schön dass ich sie nach sehr langer Zeit mal wieder sehen durfte...

Kampfer-Milchlinge (Lactarius camphoratus)
:



Die einzigen Cortinarien heute waren die
Weißgenatterten Wasserköpfe (Cortinarius albovariegatus)
:

Dann wieder etwas ganz tolles - Helmlinge die ich nicht kannte.
Matthias mikroskopierte sie und hatte sie natürlich schnell bestimmt.
Graue Nitrathelmlinge (Mycena leptocephala).
Ich finde die dermaßen klasse - schaut auch mal diesen riefigen Helm und den bereifen Stiel an...





Dieser orange Fleck im Moos ist der Orangerote Heftelnabeling (Rickenella fibula).
Ich wisst ja schon dass ich auch davon ein Fan bin:


Wir kamen an eine recht matschige Stelle.
Logisch dass wir gleich wie die Goldschürfer in die Hocke gingen und zu suchen begannen und wir wurden nicht enttäuscht.
Dort gab es mehr als eine Art.

Zunächst mal
Orangerote Schildborstlinge (Scutellinia umbrorum):






Matthias mikroskopische Ergebnisse:




Die zweite Art fand sich zusammen mit der dritten Art an einen Fichtenzapfen.
Matthias musste sie noch etwas reifen lassen und bestimmte den

Violetten Gallertkreisling (Ombrophila violacea)
:


Das Zitronengelbe Kiefernzapfen-Hakenhaarbecherchen (Hamatocanthoscypha uncipila)
wuchs an einem im Morast liegenden Fichtenzapfen. Am gleichen Zapfen war auch Ombrophila violacea gewachsen:





Schaut Euch das bitte an - dieser Pilz war mein klarer Favorit heute:

Durchmesser: ca. 0,2 mm!


Der nächste Schleimpilz könnte evtl. das Löwenfrüchtchen (Leocarpus fragilis) sein:


Matthais entdeckte 3 Fliegen - befallen vom Fliegentöter (Entomophthora muscae):



Wir mussten den Heimweg antreten. Auf dem Rückweg fand sich dann noch etwas neues für mich.
Matthias erklärte mir den Geselligen Glöckchennabeling (Xeromphalina campanella).
Ein wirklich toller Pilz:



Und zum Schluss - dass noch ein bisschen was für die Pfanne zusammen kommt. ;-)
Leckere Mohrenköpfe (Lactarius lignyotus) mit lustigem Stiel:

Ja liebe Pilzfreunde. Wir hoffen es hat Euch Spaß gemacht mit uns auf Tour zu gehen.
Bis zum nächsten mal sagen
Dieter & Matthias

Zurück zur Schwammer-Übersicht

Impressum & Datenschutz